Mit dem Siegeszug generativer KI-Tools wie GitHub Copilot, Amazon CodeWhisperer oder ChatGPT in der Softwareentwicklung stellt sich eine neue juristische Herausforderung: Wie ist KI-generierter Code lizenzrechtlich zu bewerten? Und welche Risiken bestehen, wenn Unternehmen diesen Code kommerziell nutzen oder weiterverarbeiten?

1. Woher stammt der KI-generierte Code eigentlich?

KI-Modelle werden mit riesigen Mengen öffentlich zugänglicher Quellcodes trainiert – oft auch mit Open-Source-Code aus GitHub-Repositories. Dabei kann es passieren, dass KI-Systeme bestimmte Code-Snippets nahezu identisch wiedergeben – inklusive Kommentaren, Variablennamen oder spezifischen Strukturmerkmalen.

2. Lizenzrechtliches Risiko: Die unsichtbare Copyleft-Klausel

Open-Source-Komponenten stehen oft unter restriktiven Lizenzen wie der GPL oder AGPL. Werden KI-generierte Codeschnipsel in kommerzielle Software eingebunden, ohne dass die Quelle erkennbar ist, drohen:

– Lizenzverstöße durch unbeabsichtigte Übernahme lizenzpflichtiger Elemente
– Pflicht zur Offenlegung des gesamten Softwareprojekts (z.B. bei einigen GPL-Bedingungen)
– Verletzung urheberrechtlicher Schutzrechte** durch identische Übernahme von Code aus geschützten Repositories

3. Aktuelle Diskussion: Ist KI-Code urheberrechtlich geschützt?

Die Frage, ob KI-generierter Code überhaupt urheberrechtlich schutzfähig ist, ist rechtlich umstritten. Klar ist aber: Wenn KI-Modelle auf geschütztem Code basieren und diesen reproduzieren, können sich Nutzer:innen potenziell haftbar machen – unabhängig davon, ob sie die Herkunft des Codes kennen.

4. Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Entwickler

– KI-generierten Code immer kritisch prüfen – insbesondere bei längeren oder auffällig strukturierten Abschnitten
– Compliance-Prozesse etablieren, z. B. durch automatische Code-Scan-Tools
– Entwickler:innen schulen zu Lizenzrisiken bei generativer KI
– Vertragliche Haftungsklauseln anpassen, wenn externe Entwicklungstools zum Einsatz kommen
– Bei Open-Source-Integration: Lizenzkonformität dokumentieren (SBOM, Lizenz-Scanner, Versionierung)

Fazit

KI-generierter Code bringt enorme Effizienzgewinne – aber auch neue rechtliche Risiken. Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte von Anfang an die Lizenzfragen mitdenken und nicht erst dann, wenn es zu einem Compliance-Vorfall kommt. Die Kombination aus juristischer Sensibilität und technischer Vorsorge ist entscheidend für eine sichere Nutzung von KI in der Softwareentwicklung.

Für Fragen zur rechtssicheren Verwendung von KI-Tools in der Entwicklung oder zur Lizenzprüfung von Quellcode beraten wir Sie gerne.